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        Welche Rolle spielte Ns Schwester?
 Elisabeth 
        Nietzsche ist eine Person, die als Lügnerin, Fälscherin, Querulantin 
        und "Gans" zu beschimpfen derart üblich ist, dass man sie in Schutz nehmen 
        muss. Fast automatisch wird sie an ihrem Bruder gemessen, und damit tut 
        man ihr schweres Unrecht.
 Unrecht tut man ihr auch, wenn man von ihr, der Duzfreundin Cosima Wagners, 
        ein anderes Lebensideal erwartet als den Besitz eines Hauses, möglichst 
        mit Karosse und livrierter Dienerschaft, und die Versöhnung dieses "Hauses" 
        mit dem "Haus Bayreuth". Ihr zu verargen, dass sie sich vom Besuch des 
        Führers und Reichskanzlers im N-Archiv geehrt fühlt und dessen finanzielle 
        Unterstützung akzeptiert, kann man als Beispiel für politisch Korrektes-Allzukorrektes 
        bezeichnen. N selbst war klar, dass er seine Schwester 
        schonen musste.
 
 Im Übrigen dürfte es schwer sein, irgendeine seiner vielen höchst divergenten 
        Äußerungen zu ihr und über sie als seine "eigentliche" Meinung anzusehen.
 Unrecht tut man Elisabeth Nietzsche schließlich auch, wenn man nur ihre 
        Brief-Fälschungen hervorhebt. Erstaunlich ist nicht so sehr, dass sie 
        einiges unerträglich fand, sondern dass sie praktisch nichts 
        vernichtet und wenig verändert hat.
 Elisabeths Unermüdlichkeit ist es jedenfalls zu verdanken, dass wir heute 
        über N mehr wissen als über jeden anderen Denker; Ihre Liebe und Verehrung 
        für ihren Bruder sind ebensowenig zu bezweifeln wie ihre wissenschaftliche, 
        stilistische und philosophische Unzulänglichkeit sowie ihre charakterlichen 
        Schwächen.
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